Wenig Zustimmung für Recht auf Homeoffice

Berlin - Nachdem Millionen Deutsche in den vergangenen Monaten zu Hause gearbeitet haben, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, legt der Arbeitsminister vor: Hubertus Heil (SPD) plant einen Rechtsanspruch auf Homeoffice in Unternehmen und Behörden, wo das möglich ist. Im Jahr sollen die Beschäftigten mindestens 24 Tage vom heimischen Schreibtisch aus arbeiten können. „Wenn beide Eltern einen Beruf haben, in dem mobiles Arbeiten machbar ist, kann nach meinem Vorschlag jede Woche abwechselnd ein Elternteil einen Tag von zu Hause arbeiten“, sagte Heil der Bild am Sonntag . Er will mobiles Arbeiten nicht nur jungen Leuten ermöglichen, die mit aufgeklapptem Laptop und bei Latte macchiato im Café sitzen.

Doch obwohl sowohl Beschäftigte als auch Unternehmen gute Erfahrungen mit dem improvisierten Einsatz von daheim gemacht haben, rennt der Minister damit bei den Arbeitgebern und seinem Koalitionspartner keine offenen Türen ein. „24 Tage Homeoffice – rechtlich verbrieft – gehen an dieser Realität vorbei und sind völlig aus der Luft gegriffen“, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer unserer Redaktion. Das orientiere sich weder an den Möglichkeiten der Unternehmen noch an den Bedürfnissen der Beschäftigten.

Bislang müssen in Deutschland Unternehmen und Behörden zustimmen, wenn ihre Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten wollen. Die Erlaubnis dazu kann auch wieder entzogen werden, wenn es die Chefs verlangen. Rechtlich wird dabei zwischen Telearbeit und mobilem Arbeiten unterschieden. Gewährt der Arbeitgeber Erstere, muss er für die Ausstattung mit Schreibtisch, Computer und anderen Kommunikationsmitteln sorgen. Mobiles Arbeiten ist rechtlich hingegen nicht derart detailliert definiert. Der Arbeitgeber muss allgemein dafür Sorge tragen, dass der Arbeitsschutz eingehalten wird und das eigentlich auch dokumentieren. Die FDP warnt daher vor neuer Bürokratie, die eine sinnvolle Liberalisierung ersticken könne. „Zentrale Fragen sind offen: Es wird nicht klar, wie Bürokratie abgebaut werden soll, die aktuell Unternehmen dazu zwingt, heimische Schreibtische zu kontrollieren“, sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der liberalen Bundestagsfraktion, Johannes Vogel. Heils Gesetzentwurf sei nicht mit CDU und CSU abgestimmt und daher für Vogel nichts weiter als ein „Wahlkampfvorstoß“. Der FDP-Abgeordnete legt damit den Finger in die Wunde. Denn kaum war der Arbeitsminister auf dem Markt, meldete sich die Union zu Wort. „Mit seinem Vorschlag zu mehr mobilem Arbeiten liegt Bundesminister Hubertus Heil total falsch“, kritisierte der CSU-Arbeitsmarktexperte Stephan Stracke im Gespräch mit unserer Redaktion. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Christsozialen befürchtet, dass Heil ein Bürokratiemonster züchten werde. Damit Familien ihren Alltag besser unter einen Hut kriegen können, hält es Stracke für besser, die tägliche Höchstarbeitszeit von acht bis maximal zehn Stunden abzuschaffen und stattdessen eine Höchstarbeitszeit pro Woche festzulegen. „Wir fordern eine Flexi-Woche statt des viel zu starren Achtstundentages“, sagte der Abgeordnete aus dem Ostallgäu. Ihm schwebt vor, dass die Beschäftigten beispielsweise einen Tag zwölf Stunden durchziehen können, um anderntags nach vier Stunden Schluss zu machen. Die EU-Richtlinie sieht eine maximale Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche vor.