Pflichtpause für Arbeitnehmer
Paris/Augsburg - Natürlich setzt sich Elodie auch am Abend nochmals an ihren Dienstlaptop, wenn eine wichtige Mail von den Kollegen kommt, anstatt mit der Antwort auf den nächsten Morgen zu warten. In Zeiten der Ausgangssperre, die in Frankreich derzeit ab 18 Uhr gilt, hat die junge Frau, die für eine Supermarkt-Kette arbeitet, abends ohnehin nichts vor: „Ich arbeite im Homeoffice noch mehr als sonst, weil die Zeit nach hinten offen ist.“
Eine klare Regelung, die Arbeits- und Ruhezeiten festlegt, gibt es in ihrem Unternehmen nicht. Dabei wäre dies vorgeschrieben, seit Frankreich 2017 als erstes Land in der Europäischen Union das Recht auf digitale Unerreichbarkeit eingeführt hat. Firmen mit mindestens 50 Mitarbeitern müssen danach per Betriebsvereinbarung festlegen, wann die Beschäftigten ihre Computer und beruflich genutzten Handys abschalten dürfen, ja sogar sollen. Um Überlastungen oder gar Burnouts zu vermeiden, sollen sie vor Anrufen, Mails und Anfragen an Abenden, Wochenenden oder im Urlaub geschützt werden. (...)
Ist Frankreich also ein Vorbild für Deutschland? Mobile Arbeit bedeute gerade nicht, ständig erreichbar zu sein, sagt der CSU-Sozialexperte Stephan Stracke. Ein spezielles Recht auf Nichterreichbarkeit, wie das Europäische Parlament es nun erzwingen will, halte er daher nicht für erforderlich. „Unser Arbeitszeitgesetz mit täglichen Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten nach Arbeitsende bietet bereits einen sicheren Rahmen zum Schutz der Beschäftigten.“ Er setze auf die Verantwortung der Tarifvertragsparteien. „Sie wissen am besten, was in den Betrieben im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung notwendig und praxisgerecht ist.“