Das Kreuz mit der Jugend

Kaufbeuren - Wählen ist Sache der Erwachsenen. Ihre Kreuzchen auf den Zetteln mit den Kandidaten oder Parteien dürfen Bürgerinnen und Bürger in Kaufbeuren erst ab 18 Jahren machen. Dabei gibt es viele Bundesländer, in denen Jugendliche schon ab 16 stimmberechtigt sind. Die Bürgerinitiative „Vote 16“ fordert dieses Recht nun auch im Freistaat. Dabei ist dieses Privileg auch unter den Betroffenen selbst umstritten.

Schülerin Chaya aus Kaufbeuren ist 16 Jahre alt und hält nichts von der Herabsetzung des Wahlalters. „Ich interessiere mich weniger für Politik“, sagt sie. Auch in ihrem Freundeskreis sei das noch kein Thema. In ihrem Alter seien politische Themen für viele nicht so bedeutsam, lediglich im Geschichtsunterricht befasse sie sich damit. „Aber wenn ich 18 bin, gehe ich schon wählen“, sagt sie. Gerne auch mit 16 würde hingegen Carlotta, die sich in der Kulturwerkstatt Kaufbeuren engagiert, ihr Kreuzchen machen. Dem Empfinden der 15-Jährigen nach interessieren sich viele Jugendliche für Politik. „Die meisten sind geeignet, wählen zu gehen, aber natürlich gibt es auch Ausnahmen.“ Sie glaubt, dass das Wahlrecht ab 16 dazu anregen würde, sich früher stärker mit Politik auseinanderzusetzen. In ihrem Umfeld seien politische Themen definitiv Gesprächsstoff, einige ihrer Freunde haben Politik auch als Fach in der Schule gewählt. Wird das Wahlalter im Freistaat Bayern herabgesetzt, wäre das für Nina Weber (25), Vorsitzende des Stadtjugendrings, nur der erste Schritt. „Ideal wäre ein generelles Wahlrecht ab 16“, sagt sie. Das würde dann auch für die Bundestagswahl gelten. Viele Jugendliche in Kaufbeuren engagieren sich laut Weber politisch und gesellschaftlich. „Sie stehen für das ein, was ihnen wichtig ist.“ Sei es nun das Essensangebot in der Mensa oder Fragen der Mobilität sowie des Klimaschutzes.

Vorbehalte gegen diese Initiative hat Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU). „Der 18. Geburtstag ist mir als Stichtag lieber“, sagt er. Mit Erreichen dieses Alters treten viele Regelungen in Kraft, etwa die volle Strafmündigkeit oder der Autoführerschein. Eine „Entkopplung des Wahlrechts von der Volljährigkeit“ ist laut dem Kaufbeurer Bundestagsabgeordneten Stephan Stracke (CSU) zudem nicht konsequent. Ihm gehe es dabei nicht um die tatsächliche Reife 16-Jähriger, sagt er. Das Gesetz unterstelle jungen Menschen erst mit 18 Jahren, dass sie volle Verantwortung für ihr Leben übernehmen können. Bosse erinnert sich noch an seine eigene Jugend: „Die Welt ist mit 18 anders als mit 16.“ Er wisse, dass sich viele junge Menschen politisch engagieren. Stracke hat die Erfahrung gemacht, dass sich viele junge Leute für konkrete Ziele einsetzen. „Wie übrigens auch frühere Generationen“, sagt er. „Die Stimme der Jugend hat heute aber auch mehr Kanäle als früher, hat Gewicht und wird gehört.“