Ein Jahr Dauerbelastung und die Folgen
Memmingen/Berlin - Zu einer virtuellen Gesprächsrunde hatte der Allgäuer Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke (CSU) Vertreter des Klinikums Memmingen eingeladen. Die Gelegenheit zum Austausch mit dem Abgeordneten, der als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion das Thema Gesundheit verantwortet, hatten neben dem Vorstand des Klinikums Maximilian Mai auch Professor Dr. Peter Schneede, Chefarzt der Urologie, sowie die Stationsleitung Pflege der Inneren Intensivstation Sabine Halbig genutzt. Für die Stadt Memmingen nahm Oberbürgermeister Manfred Schilder an der Runde teil.
"Die Pandemie hat uns alle vor große Herausforderungen gestellt. Nirgendwo war dies stärker zu spüren als in den Kliniken. Ärzte und Pflegepersonal haben viele Monate der Dauerbelastung hinter sich", so Stracke. Um wenigstens die finanzielle Situation abzufedern, habe das Bundesgesundheitsministerium einen milliardenschweren Schutzschirm für die Kliniken aufgespannt, berichtete der Abgeordnete. So seien im Jahr 2020 insgesamt 10,2 Milliarden Euro für die Einnahmeausfälle der Krankenhäuser in Form von Ausgleichszahlungen ausgezahlt worden. Diese wurden bis Juni 2021 fortgeführt. Auch mit Blick darauf, inwieweit diese Hilfen vor Ort angekommen sind, liege ihm der Austausch mit dem Klinikum Memmingen besonders am Herzen.
Zum Auftakt wolle er ein großes Dankeschön an die Bundespolitik für die bisherige finanzielle Unterstützung der Kliniken in der Pandemie loswerden, so Mai. Sie habe beim Versprechen, die Krankenhäuser nicht im Regen stehen zu lassen, zumindest für 2020 Wort gehalten und einen bundesweiten Schutzschirm aufgespannt. Die Ausgleichszahlungen haben dem Klinikum Memmingen finanziell durch ein schwieriges Jahr 2020 geholfen, betonte er. Ob dieser Schutzschirm auch für 2021 ausreiche, werde sich erst mittelfristig zeigen.
Rückblickend habe die erste Pandemiewelle das Klinikum nur sehr dezent getroffen, berichtete Professor Dr. Schneede. Die zweite Welle im letzten Herbst habe bereits zu stärkeren Belastungen geführt. „Die dritte Welle hat uns in Memmingen im Vergleich zum Umland länger beschäftigt, da hier die Inzidenz lange sehr hoch war“, erklärte er. Zwischenzeitlich habe sich die Lage entspannt, die Inzidenz entspreche der der gesamten Region. In der Zeit der dritten Welle sei die Sperrung der OP-Säle ein quälendes Thema gewesen, um Intensivkapazitäten für Covid-Patienten vorzuhalten, berichtete Schneede. Dies habe für das Team zur Folge gehabt, dass OP-Pläne jeden Tag neu gestaltet werden mussten, um auch Patienten mit schweren Erkrankungen wie Krebs keine schlechtere Behandlung zukommen zu lassen. Auch die Liste der verschobenen, weil nicht dringend notwendigen chirurgischen Eingriffe, sei in dieser Zeit immer länger geworden.
Schon in der Zeit vor der Pandemie habe das Klinikum zu wenige Intensivkapazitäten für die Größe des Hauses gehabt und deshalb arbeite man seit Jahren daran, dies zu verbessern, teilte Mai mit. Dies werde sich endgültig erst im geplanten Neubau vollständig lösen. In der Pandemie konnten die Intensivkapazitäten erhöht werden, was zu Lasten der OP-Säle und IMC Betten geschehen ist. Seit Frühjahr 2020 habe man zudem eine Station komplett zur Corona-Isolierstation umfunktioniert. Insgesamt standen Ende Mai zwei Stationen mit insgesamt 60 Betten als Isolierstationen für Covid-Patienten bereit. Räumlich und gerätetechnisch wären noch mehr Kapazitäten vorhanden gewesen, jedoch fehlten hierzu wie in allen andere Kliniken auch das pflegerische Fachpersonal.
Als "echten Seiltanz" habe sie die Arbeit des Pflegepersonals auf den Covid-Stationen empfunden, erzählte Halbig. Zu den Patienten konnte man nur mit Schutzanzügen, FFP2-Masken, Handschuhen und Schutzbrillen. Das sei alles schon körperlich sehr anstrengend und fordernd gewesen. Dazu war dann der belastende mentale Aspekt der Versorgung der an Corona erkrankten Patienten gekommen. Gegen Covid-19 gebe es nun mal noch kein Medikament. Das sei häufig auch den sehr schwer Erkrankten sehr bewusst gewesen. Hier auch mental zu unterstützen, war den Pflegenden an die Substanz gegangen. "Da gab es Kolleginnen und Kollegen, die deutlich gesagt haben, sie können nicht mehr", fasste Halbig zusammen. In der dritten Welle habe man versucht, das Team aufzufangen. Dies sei nicht immer einfach gewesen, da es pandemiebedingt keine Möglichkeit der Supervision gab, die einzelnen Fälle und die damit verbundenen Fragen und Probleme nur schwierig durchgesprochen werden können. Aus diesem Grund habe sie die Gangbesprechungen ins Leben gerufen, berichtete Halbig. So konnte wenigstens zu den täglichen Aufgaben ein Austausch erfolgen.
Corona habe die vorher schon schwierige personelle Situation weiter angespannt. Gerade den jüngeren Kolleginnen und Kollegen sei ausreichend Freizeit zur Erholung wichtig, erklärte Halbig. Tatsächlich werde mehr Freizeit sogar höher wertgeschätzt als mehr Lohn. Die ohnehin dünne Personaldecke in der Intensivpflege führe zu weiteren Engpässen, wenn Kollegen ausfallen. Häufig müsste dann innerhalb weniger Stunden Ersatz gefunden werden. Wer einspringt, bricht dafür teils den eigenen Urlaub ab oder schiebt einen Berg Überstunden vor sich her, berichtete sie. Das mache nicht jeder mit. Gerade im vergangenen Jahr seien Mitarbeiter auch in andere Branchen wie die Industrie abgewandert. "Die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden könnte viel dazu beitragen, unseren Beruf attraktiver zu machen. Wünschenswert wäre außerdem ein festes Team aus Springern für Notfälle, die sich das Klinikum auch leisten kann", führte sie aus.
Wie Mai mitteilte, hat das Klinikum Memmingen seit Jahren für Mitarbeiter, die bei Notfällen einspringen, eine hauseigene Vergütungspauschale. Diese sei im vergangenen Jahr noch einmal deutlich nach oben angepasst worden.
Wenn es darum gehe Personal für das Klinikum zu gewinnen, sei Memmingen mit der dem Klinikum angeschlossenen Krankenpflegeschule noch in einer glücklichen Lage. Rund 85 Prozent der Absolventinnen und Absolventen blieben am Ende ihrer Ausbildung dem Klinikum treu und wechselten von der Schule nahtlos in den Krankenhausdienst. Immer schwieriger werde es allerdings, so räumte er ein, freie Stellen in den Bereichen der Fach- und Intensivpflege zu besetzen.
"Die Pflegekräfte in unserem Land leisten tagtäglich viel und verdienen deshalb unsere Wertschätzung und eine gute Bezahlung. Nicht nur in der aktuellen Corona-Krise, sondern auch schon vorher. Aus diesem Grund wird seit 2020 die Pflege am Krankenbett durch ein eigenes Pflegebudget ohne Abzüge finanziert. Damit wollen wir eine dauerhafte Finanzierung des Pflegepersonals erreichen, weil finanzielle Umschichtungen in andere Bereiche nicht mehr möglich sind. Auch Tarifsteigerungen in der Pflege werden voll finanziert. Eine Obergrenze gibt es nicht mehr", führte Stracke aus. Gute Pflege gehe nur mit mehr Köpfen. Deshalb sei es entscheidend, die Arbeitsbedingungen in den Kliniken beispielsweise mit Personaluntergrenzen weiter zu verbessern.
Einig mit dem Abgeordneten war sich Memmingens Oberbürgermeister. "Das Team des Klinikums leistet einen herausragend guten Job. Auf den hervorragenden Ruf unseres Klinikums sind wir auch als Stadt Memmingen sehr stolz", betonte Schilder und bekräftigte deutlich das klare Bekenntnis der Stadt zur kommunalen Trägerschaft des Krankenhauses.
Stracke dankte Halbig, Schneede und Mai stellvertretend für alle Mitarbeiter des Klinikums für die große Leistung in den letzten Monaten. "Was die Ärzte und das Pflegepersonal in dieser so fordernden Zeit zu schultern haben, ist beachtlich und zeigt das riesige Engagement jedes Einzelnen. Dafür ein großes Dankeschön", so der Bundestagsabgeordnete zum Abschluss des Gesprächs.
Bild: Im Rahmen einer Videokonferenz tauschte sich Stephan Stracke mit Vertretern des Klinikums Memmingen und OB Manfred Schilder aus. Foto: Abgeordnetenbüro
"Die Pandemie hat uns alle vor große Herausforderungen gestellt. Nirgendwo war dies stärker zu spüren als in den Kliniken. Ärzte und Pflegepersonal haben viele Monate der Dauerbelastung hinter sich", so Stracke. Um wenigstens die finanzielle Situation abzufedern, habe das Bundesgesundheitsministerium einen milliardenschweren Schutzschirm für die Kliniken aufgespannt, berichtete der Abgeordnete. So seien im Jahr 2020 insgesamt 10,2 Milliarden Euro für die Einnahmeausfälle der Krankenhäuser in Form von Ausgleichszahlungen ausgezahlt worden. Diese wurden bis Juni 2021 fortgeführt. Auch mit Blick darauf, inwieweit diese Hilfen vor Ort angekommen sind, liege ihm der Austausch mit dem Klinikum Memmingen besonders am Herzen.
Zum Auftakt wolle er ein großes Dankeschön an die Bundespolitik für die bisherige finanzielle Unterstützung der Kliniken in der Pandemie loswerden, so Mai. Sie habe beim Versprechen, die Krankenhäuser nicht im Regen stehen zu lassen, zumindest für 2020 Wort gehalten und einen bundesweiten Schutzschirm aufgespannt. Die Ausgleichszahlungen haben dem Klinikum Memmingen finanziell durch ein schwieriges Jahr 2020 geholfen, betonte er. Ob dieser Schutzschirm auch für 2021 ausreiche, werde sich erst mittelfristig zeigen.
Rückblickend habe die erste Pandemiewelle das Klinikum nur sehr dezent getroffen, berichtete Professor Dr. Schneede. Die zweite Welle im letzten Herbst habe bereits zu stärkeren Belastungen geführt. „Die dritte Welle hat uns in Memmingen im Vergleich zum Umland länger beschäftigt, da hier die Inzidenz lange sehr hoch war“, erklärte er. Zwischenzeitlich habe sich die Lage entspannt, die Inzidenz entspreche der der gesamten Region. In der Zeit der dritten Welle sei die Sperrung der OP-Säle ein quälendes Thema gewesen, um Intensivkapazitäten für Covid-Patienten vorzuhalten, berichtete Schneede. Dies habe für das Team zur Folge gehabt, dass OP-Pläne jeden Tag neu gestaltet werden mussten, um auch Patienten mit schweren Erkrankungen wie Krebs keine schlechtere Behandlung zukommen zu lassen. Auch die Liste der verschobenen, weil nicht dringend notwendigen chirurgischen Eingriffe, sei in dieser Zeit immer länger geworden.
Schon in der Zeit vor der Pandemie habe das Klinikum zu wenige Intensivkapazitäten für die Größe des Hauses gehabt und deshalb arbeite man seit Jahren daran, dies zu verbessern, teilte Mai mit. Dies werde sich endgültig erst im geplanten Neubau vollständig lösen. In der Pandemie konnten die Intensivkapazitäten erhöht werden, was zu Lasten der OP-Säle und IMC Betten geschehen ist. Seit Frühjahr 2020 habe man zudem eine Station komplett zur Corona-Isolierstation umfunktioniert. Insgesamt standen Ende Mai zwei Stationen mit insgesamt 60 Betten als Isolierstationen für Covid-Patienten bereit. Räumlich und gerätetechnisch wären noch mehr Kapazitäten vorhanden gewesen, jedoch fehlten hierzu wie in allen andere Kliniken auch das pflegerische Fachpersonal.
Als "echten Seiltanz" habe sie die Arbeit des Pflegepersonals auf den Covid-Stationen empfunden, erzählte Halbig. Zu den Patienten konnte man nur mit Schutzanzügen, FFP2-Masken, Handschuhen und Schutzbrillen. Das sei alles schon körperlich sehr anstrengend und fordernd gewesen. Dazu war dann der belastende mentale Aspekt der Versorgung der an Corona erkrankten Patienten gekommen. Gegen Covid-19 gebe es nun mal noch kein Medikament. Das sei häufig auch den sehr schwer Erkrankten sehr bewusst gewesen. Hier auch mental zu unterstützen, war den Pflegenden an die Substanz gegangen. "Da gab es Kolleginnen und Kollegen, die deutlich gesagt haben, sie können nicht mehr", fasste Halbig zusammen. In der dritten Welle habe man versucht, das Team aufzufangen. Dies sei nicht immer einfach gewesen, da es pandemiebedingt keine Möglichkeit der Supervision gab, die einzelnen Fälle und die damit verbundenen Fragen und Probleme nur schwierig durchgesprochen werden können. Aus diesem Grund habe sie die Gangbesprechungen ins Leben gerufen, berichtete Halbig. So konnte wenigstens zu den täglichen Aufgaben ein Austausch erfolgen.
Corona habe die vorher schon schwierige personelle Situation weiter angespannt. Gerade den jüngeren Kolleginnen und Kollegen sei ausreichend Freizeit zur Erholung wichtig, erklärte Halbig. Tatsächlich werde mehr Freizeit sogar höher wertgeschätzt als mehr Lohn. Die ohnehin dünne Personaldecke in der Intensivpflege führe zu weiteren Engpässen, wenn Kollegen ausfallen. Häufig müsste dann innerhalb weniger Stunden Ersatz gefunden werden. Wer einspringt, bricht dafür teils den eigenen Urlaub ab oder schiebt einen Berg Überstunden vor sich her, berichtete sie. Das mache nicht jeder mit. Gerade im vergangenen Jahr seien Mitarbeiter auch in andere Branchen wie die Industrie abgewandert. "Die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden könnte viel dazu beitragen, unseren Beruf attraktiver zu machen. Wünschenswert wäre außerdem ein festes Team aus Springern für Notfälle, die sich das Klinikum auch leisten kann", führte sie aus.
Wie Mai mitteilte, hat das Klinikum Memmingen seit Jahren für Mitarbeiter, die bei Notfällen einspringen, eine hauseigene Vergütungspauschale. Diese sei im vergangenen Jahr noch einmal deutlich nach oben angepasst worden.
Wenn es darum gehe Personal für das Klinikum zu gewinnen, sei Memmingen mit der dem Klinikum angeschlossenen Krankenpflegeschule noch in einer glücklichen Lage. Rund 85 Prozent der Absolventinnen und Absolventen blieben am Ende ihrer Ausbildung dem Klinikum treu und wechselten von der Schule nahtlos in den Krankenhausdienst. Immer schwieriger werde es allerdings, so räumte er ein, freie Stellen in den Bereichen der Fach- und Intensivpflege zu besetzen.
"Die Pflegekräfte in unserem Land leisten tagtäglich viel und verdienen deshalb unsere Wertschätzung und eine gute Bezahlung. Nicht nur in der aktuellen Corona-Krise, sondern auch schon vorher. Aus diesem Grund wird seit 2020 die Pflege am Krankenbett durch ein eigenes Pflegebudget ohne Abzüge finanziert. Damit wollen wir eine dauerhafte Finanzierung des Pflegepersonals erreichen, weil finanzielle Umschichtungen in andere Bereiche nicht mehr möglich sind. Auch Tarifsteigerungen in der Pflege werden voll finanziert. Eine Obergrenze gibt es nicht mehr", führte Stracke aus. Gute Pflege gehe nur mit mehr Köpfen. Deshalb sei es entscheidend, die Arbeitsbedingungen in den Kliniken beispielsweise mit Personaluntergrenzen weiter zu verbessern.
Einig mit dem Abgeordneten war sich Memmingens Oberbürgermeister. "Das Team des Klinikums leistet einen herausragend guten Job. Auf den hervorragenden Ruf unseres Klinikums sind wir auch als Stadt Memmingen sehr stolz", betonte Schilder und bekräftigte deutlich das klare Bekenntnis der Stadt zur kommunalen Trägerschaft des Krankenhauses.
Stracke dankte Halbig, Schneede und Mai stellvertretend für alle Mitarbeiter des Klinikums für die große Leistung in den letzten Monaten. "Was die Ärzte und das Pflegepersonal in dieser so fordernden Zeit zu schultern haben, ist beachtlich und zeigt das riesige Engagement jedes Einzelnen. Dafür ein großes Dankeschön", so der Bundestagsabgeordnete zum Abschluss des Gesprächs.
Bild: Im Rahmen einer Videokonferenz tauschte sich Stephan Stracke mit Vertretern des Klinikums Memmingen und OB Manfred Schilder aus. Foto: Abgeordnetenbüro