Die politische Lage in Deutschland

Auf uns als Union von CDU und CSU kommt es jetzt an.

Wir waren bei den Sondierungsverhandlungen am Sonntag nah an einer inhaltlichen Einigung, wir standen kurz vor dem Durchbruch. Wir hatten in zahlreichen Punkten Einigungen erzielt, die gut für unser Land gewesen wären. Nun ist es anders gekommen. Wir respektieren die Entscheidung der FDP, aber wir teilen sie inhaltlich nicht. Wir respektieren auch das Verhandlungsverhalten der Grünen, die sich teilweise weit bewegt hatten. Es ist nicht die Stunde für Schuldzuweisungen, die Bürgerinnen und Bürger werden sich selbst ein Urteil über dieses Wochenende bilden.

Millionen Bürgerinnen und Bürger sind heute enttäuscht, dass wir in dieser Sondierung nicht zu einem Kompromiss und zu einer Einigung gekommen sind. Am 24. September haben fast 47 Millionen Bürger gewählt und sie haben uns, ihren Repräsentanten, einen Auftrag gegeben, daraus eine gute Regierung für unser Land zu bilden.

Der konsentierte Verhandlungsstand vom Sonntagabend enthielt zahlreiche Unionspunkte, die gut für unser Land gewesen wären:

-Paket für Familien: Verständigt hatte man sich auf eine Erhöhung des Kindergeldes um 25 Euro pro Monat und eine entsprechende Anpassung des Kinderfreibetrages. Unstreitig war ebenso die Einführung eines Baukindergeldes. Eine Erleichterung des Familienalltags hätte der schon geeinte Rechtsanspruch zur Betreuung von 2,8 Millionen Grundschulkindern gebracht.

-Pflege: Nachdem wir in der vergangenen Legislaturperiode 5 Mrd. Euro pro Jahr für Leistungsverbesserungen für Pflegebedürftige beschlossen haben, hatten wir uns auf ein Sofortprogramm Pflege verständigt. Damit sollte u. a. eine bessere Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege kommen.

-Landwirtschaft und ländliche Räume: Hier bestand Einigkeit, die bäuerliche Landwirtschaft nicht gegen Aspekte des Tierwohls auszuspielen, sondern gemeinsam mit den Landwirten mehr zu erreichen. Wir wollten hier nicht mit der Keule des Ordnungsrechts, sondern mit Anreizen arbeiten. Es bestand Konsens über eine zusätzliche Milliarde Euro jährlich, die dem Ausbau von Ställen und sonstigen Bereichen der Landwirtschaft hätte zugute kommen sollen. Damit hätten wir auch den ländlichen Raum gestärkt: Denn alles, was gut ist für die Landwirtschaft, ist gut für den ländlichen Raum.

-Soli-Abbau / Steuerentlastung: Wir hatten einen Abbau des Solidaritätszuschlags in der Weise angeboten, dass am Ende dieser Legislaturperiode rund ¾ aller Bürger keinen Solidaritätszuschlag mehr hätten zahlen müssen. Zudem bestand Einigkeit über eine Steuerreform zugunsten von Beziehern ganz kleiner Einkommen.

-Wirtschaft/ Soziales/ Rente/ Ehrenamt: Wir waren einig, die Sozialversicherungsbeiträge bei 40 % zu deckeln und sowohl den Mindestlohn beim Ehrenamt als auch die Pflege zu entbürokratisieren. Wir waren uns darüber einig, Frauen mit einer kleinen Rente eine Aufstockung bis zur Grundsicherung so zu gewähren, dass sie dafür nicht zum Amt gehen müssen.

-Innere Sicherheit: Geeint waren zusätzliche 7.500 Polizeistellen beim Bund sowie ein klares Bekenntnis dazu, durch mehr Videoüberwachung für mehr innere Sicherheit zu sorgen.

-Außen- und Verteidigungspolitik: Hier bestand Konsens, dass wir weder in die eine noch in die andere Richtung eine Sonderstellung akzeptieren können, sondern Deutschland ein verlässlicher Partner in Europa und der Welt bleibt.

Auch FDP und Grüne hatten wichtige Vorhaben für sich verbuchen können. So hatten wir etwa ein Einwanderungsgesetz samt Punktesystem akzeptiert, was beiden Partnern wichtig war. Den Solidaritätszuschlag wollten wir insgesamt im zweistelligen Milliardenbetrag in oben beschriebener Weise abbauen, so dass am Ende der Legislatur ¾ der Bürger keinen Soli mehr bezahlt hätten. Im Bildungsbereich wollten wir einen Nationalen Bildungsrat, der analog zum Wissenschaftsrat tätig werden kann, ohne die Zuständigkeit der Länder für die Bildung in Frage zu stellen. Wir waren – was den Grünen wichtig war – beim Thema Klima und Energie zu Kompromissen und zu einer Reduktion der Kohleverstromung um 7 GW bis 2020 bereit. Wir hatten ein Hinweisgebergesetz und ein Lobbyregister akzeptiert und sogar, was sowohl FDP als auch Grünen wichtig war, statt der sog. Vorratsdatenspeicherung eine anlassbezogene Datenspeicherung einzuführen. Und schließlich waren wir sehr nah an einem vernünftigen Kompromiss in der Migrationsfrage, mit dem wir die Migration hätten besser steuern und begrenzen können.

Weil wir um unsere Verantwortung wissen, sind wir als Union, als geschlossene Einheit von CDU und CSU, weiterhin bereit, unserem Land eine gute Regierung unter Führung unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel zu stellen. Sie hat in den vergangenen vier Wochen erneut bewiesen, warum sie zu Recht seit zwölf Jahren an der Spitze der Bundesregierung steht und warum sie das Land weiter gut führen kann. Nun kommt es darauf an, dass sich alle politischen Parteien ihrer besonderen Verantwortung bewusst werden und zuerst an das Land und erst viel später an sich selbst denken.