Diskussionsrunde in Bad Wörishofen: Gernot Nahrung, Stephan Stracke, Jennifer Erdle (BBMV), Dr. med Wolfgang Lenz und Jasmina Wagner (MVZ) sprachen über die Zukunft der MVZ (von links nach rechts).

Ärztemangel bleibt die große Herausforderung

Bad Wörishofen/Berlin - Der Allgäuer Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke (CSU) war ins Augenkompetenzzentrum in der Villa Belvedere gekommen, um mit den Fachleuten vor Ort über den Ärztemangel im ländlichen Raum und die Rolle medizinischer Versorgungszentren (MVZ) zu diskutieren.                  

Medizinische Versorgungszentren sind eigenständige Leistungserbringer, in denen mehrere ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte kooperativ unter einem Dach zusammenarbeiten. Im Gegensatz zu den klassischen Einzelpraxen und Arztgemeinschaften, bei denen die Praxisinhaber die ärztliche Tätigkeit in der Regel persönlich ausüben, zeichnen sich MVZ insbesondere durch eine organisatorische Trennung der Inhaber- und Trägerschaft von der ärztlichen Behandlungstätigkeit aus.                  

"Gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Ärztemangels vor allem im ländlichen Raum sowie dem gewandelten Berufsbild junger Medizinerinnen und Mediziner, die heute andere Wünsche an ihre Karriere stellen als früher, rücken die Möglichkeiten in den medizinischen Versorgungszentren verstärkt in den Blickpunkt", so Stracke zum Auftakt des Gesprächs. Allerdings stünden MVZ derzeit verstärkt in der Kritik. Die Tatsache, dass Finanzinvestoren das deutsche Gesundheitswesen als überaus lukrativen Markt für sich entdeckt hätten, führe bei Politik und Ärzteschaft zu der Befürchtung, dass die Patientenversorgung zu Gunsten des Profitgedankens leide, erklärte der Abgeordnete. Auch aus diesem Grund habe er sich für einen persönlichen Besuch vor Ort entschieden, um sich einen Einblick der Arbeit des MVZ zu verschaffen.

Wie Dr. med Wolfgang Lenz, Gründer des Augenkompetenzzentrums, sowie Gernot C. Nahrung, Geschäftsführer im Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren e.V., im Gespräch bestätigten, lege die neue Generation der Ärzte hohen Wert auf eine gute Work-Life-Balance mit gesicherten Freizeitphasen, scheue zugleich unternehmerisches Risiko, hohe Investitionskosten und bürokratische Zusatzbelastungen. "Die selbständige Niederlassung verliert mehr und mehr an Attraktivität", fassten Lenz und Nahrung ihre Einschätzung zusammen. Hier habe das MVZ großes Potential, den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen. Als gelungenes Beispiel führten sie das Augenkompetenzzentrum an, das 2015 in der Villa Belvedere in Bad Wörishofen eröffnet wurde und dass unter der Trägerschaft der Sanoptis GmbH arbeitet.                   Beim Rundgang durch die rund 300 Quadratmeter großen und mit modernsten Geräten eingerichteten Räumlichkeiten konnte sich Stracke von der Leistungsfähigkeit des MVZ in der Villa Belvedere ein eigenes Bild machen, insbesondere auch von den Möglichkeiten chirurgischer Eingriffe und hochmoderner Diagnostik, die hier den Patienten zur Verfügung stehen. Wie Lenz und Nahrung betonten, wären die hohen Investitionen, die für den zeitgemäßen Betrieb eines solchen Facharztzentrums notwendig sind, von einer Einzelpraxis und deren Inhaber nicht zu stemmen. Hier habe sich die Trägerschaft durch die Investorengruppe bewährt. "Ohne Zweifel ist das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in ihre Ärzte die Grundvoraussetzung für eine gute Versorgung", bekräftigten Lenz und Nahrung. Nicht zuletzt die Tatsache, dass jedes MVZ eine Ärztliche Leitung haben muss und die Ärztinnen und Ärzte gesetzlich und arbeitsrechtlich verbrieft in medizinisch Fragen weisungsfrei arbeiten, stelle aus ihrer Sicht die Einhaltung der ordnungsgemäßen Behandlungsabläufe sicher - unabhängig davon, ob der Träger oder Inhaber des MVZ eine Gruppe von Ärztinnen und Ärzten, ein Krankenhaus oder eine Beteiligungsgesellschaft ist.                  

"Verhindert werden muss in jedem Fall, dass die Rendite und nicht das Wohl der Patienten in den Mittelpunkt rückt. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um einen selbstständigen Arzt, oder einen Kapitalgeber, beispielsweise ein Pensionsfonds, handelt. Kommerzielle Interesse dürfen ärztliche Entscheidungen und ärztliches Handeln nicht beeinflussen", stellte der Abgeordnete klar. Ebenfalls müssen Versorgungsmonopole und „Rosinenpickerei“ verhindert werden. Man schaue hier genau auf MVZ-Ketten, ohne andere Leistungserbringer aus den Augen zu verlieren. Nach Ansicht von Stracke müsse auch mehr auf Transparenz geachtet werden. Patientinnen und Patienten müssten klar erkennen können, wie die Besitzverhältnisse des MVZ seien.                  

"Dem Ärztemangel auf dem Land mit geeigneten Ansätzen zu begegnen, gehört zu den großen politischen Herausforderungen. Medizinische Versorgungszentren im ländlichen Raum können Teil einer möglichen Lösung sein. Wichtig ist jetzt mehr denn je eine Gesamtschau auf die medizinische Versorgung, auf deren Qualität, Erreichbarkeit und Vielfalt. Hier jedoch vermisse ich jegliche Initiative des Bundesgesundheitsministers", so der Abgeordnete abschließend.