Auch pandemiebedingt kein Mangel an Lehrstellen

Allgäu - Im Rahmen einer Videokonferenz tauschte sich zu Beginn der Sommerferien der Allgäuer Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke (CSU) erneut mit der Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Kempten-Memmingen Maria Amtmann und ihrem Stellvertreter Horst Holas zur konjunkturellen Lage im Allgäu aus.

"Die Wirtschaft steht aufgrund der Pandemie weiter unter Druck. Dabei konnte das Instrument der Kurzarbeit einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern und so den sozialen Frieden bewahren", erklärte Stracke, der auch arbeitsmarktpolitischer Sprecher der CSU im Deutschen Bundestag ist, zum Auftakt des Gesprächs. Ihn interessiere in diesem neuerlichen Update mit der Arbeitsagentur neben den aktuellen Zahlen auch und vor allem die Aussicht für die jungen Menschen, die im September ihre Ausbildung beginnen möchten.

Wie Amtmann und Holas berichteten, befindet sich die Wirtschaft in der Region in einer vorsichtigen Erholungsphase. Die Lockerungen und die staatlichen Maßnahmen haben Wirkung gezeigt. Im Juni 2020 waren es im Bereich der Arbeitsagentur Kempten sogar rund 500 Arbeitslose weniger als im Vormonat. Dies habe in erster Linie damit zu tun, dass die Hotellerie und Gastronomie ihre Arbeit unter Einschränkungen wiederaufgenommen hat. Dieser positive Trend habe sich ansatzweise auch im Juli fortgesetzt. Da der Juli aber zugleich der Monat sei, in dem befristete Verträge und Ausbildungsverträge auslaufen, schlage sich dies nicht wirklich sichtbar in der Statistik nieder. Im Monat Juli – in dem sonst stets ein Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen war – kam es in diesem Jahr immerhin zu einem geringfügigen Rückgang um 79 Arbeitslose.

Nach wie vor werde der Arbeitsmarkt durch Kurzarbeit stabilisiert. Das Instrument der Kurzarbeit hilft dabei vor allem den Fachkräften. Von Entlassungen betroffen seien im produzierenden Gewerbe in erster Linie die ungelernten Hilfskräfte.

Seit Beginn der Pandemie haben Unternehmen in den Monaten März bis Juli Kurzarbeit aus konjunkturellen Gründen in einem bis dato nicht gekannten Umfang angezeigt. Der Höhepunkt wurde bereits im April erreicht. Wurde zu diesem Zeitpunkt noch für fast 82.000 Mitarbeiter Kurzarbeit angezeigt, sind es im Juli nur noch rund 2.300 Mitarbeiter gewesen, die von neuen Anzeigen betroffen waren. Bereits ab Mai gingen deutlich weniger neue Anzeigen auf Kurzarbeit ein, im Juli ging ihre Zahl auf knapp 100 zurück, erklärten die Fachleute. Auch bei den auf die Anzeigen folgenden konkreten Anträgen (finanzielle Erstattungen des vom Arbeitgeber verauslagten Lohnes) sind bei den Abrechnungen inzwischen monatlich sinkende Zahlen erkennbar. Der sorgenvolle Blick richte sich dennoch auf den Herbst und hier auf die Branchen, die besonders von der Pandemie gebeutelt sind, wie die Gastronomie und der Hotellerie. Im Bereich der Automobilindustrie sei eine leichte Bewegung spürbar, die vorsichtige Hoffnung zulasse.

"Kurzarbeitergeld ist ein exzellentes präventives Arbeitsmarktinstrument, mit dem wir es geschafft haben, uns den negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie wirkungsvoll entgegenzustellen und Arbeitsplätze zu sichern. Unser Ziel ist es, dass sich die Wirtschaft nun rasch erholt. Deshalb hat die große Koalition ein 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket aufgelegt. Notwendig ist auch eine deutliche Verlängerung der Kurzarbeit zu den jetzigen Bedingungen über den Jahreswechsel hinaus", forderte Stracke mit Blick auf die derzeitigen politischen Überlegungen. Dafür mache er sich stark. Dem Gedanken, die Kurzarbeit zwanghaft mit Weiterbildung zu verknüpfen, wie es die Gewerkschaften und der Bundesarbeitsminister aktuell fordern, könne er nichts abgewinnen. "Dies halte ich in einer pandemiebedingten Krise für falsch", betonte der Abgeordnete.

Vorsichtig optimistisch sei man seitens der Agentur für Arbeit, was die Situation der Lehrlinge im neuen Ausbildungsjahr 2020/2021 betreffe. Nur 7,9 Prozent weniger als im letzten Jahr waren im Juli mit einer Lehrstelle versorgt. Allerdings bestehe kein Mangel an Lehrstellen. Auf jeden jungen Menschen, der für September 2020 noch keine Ausbildungsstelle hat, kämen momentan zwei offene Lehrstellen. Aus diesem Grund zeigten sich die Vertreter der Agentur sehr zuversichtlich, die verbliebenen jungen Menschen ohne Lehrstelle ebenfalls noch in Ausbildung zu bringen. Nur sehr vereinzelt würden Ausbildungsbetriebe pandemiebedingt generell auf Ausbildung verzichten. "Die Allgäuer Betriebe setzen weiterhin sehr bewusst auf Ausbildung, um dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzutreten", betonten Amtmann und Holas in diesem Zusammenhang. "Eine gute Berufsausbildung ist nach wie vor der wichtigste Baustein für den Start in ein erfolgreiches Berufsleben", erklärte Stracke hierzu. Deshalb habe der Bund pünktlich zum neuen Ausbildungsjahr das Bundesprogramm "Ausbildungsplätze sichern" ins Leben gerufen. Damit werden kleine und mittlere Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern, die trotz Krise weiterhin Ausbildungsplätze anbieten, finanziell belohnt. "Insgesamt stehen dafür 500 Millionen Euro zur Verfügung. Ein wichtiges Signal für die Zukunft junger Menschen und den Fachkräftestandort Deutschland. Auch im Allgäu wird Nachwuchs dringend gesucht", so der Abgeordnete.

Deutlich schwieriger präsentiere sich die Situation für das Ausbildungsjahr 2021/2022. Aufgrund der Unterrichtsausfälle durch die Pandemie sowie der Kontaktbeschränkungen sind für diesen Jahrgang heuer Betriebspraktika, Schnupperwochen, Ausbildungsmessen und Berufsorientierung in den Klassen weitgehend flach gefallen. Dies habe zur Folge, dass diesen jungen Leuten derzeit oftmals noch der konkrete Bezug zur Arbeitswelt fehlt und sie sich vielfach noch nicht orientieren konnten, welche Ausbildung für sie ideal wäre. "Hier verschiebt sich zeitlich alles deutlich", so Amtmann und Holas. Man hoffe, dass in den Allerheiligenferien Praktika nachgeholt werden können. Auch die Berufsberater der Agentur für Arbeit nehmen diese besonderen Herausforderung an und versuchen, durch den Einsatz von Apps und einer geleiteten Online-Abfrage der Kompetenzbereiche der Jugendlichen aktiv Berufsorientierung zu betreiben. "Wir müssen verhindern, dass ein Corona-Jahrgang den Anschluss an die Arbeitswelt verpasst", waren sich die Gesprächspartner einig. Besonders positiv bewertete der Abgeordnete, dass die Unternehmen in der Region nun verstärkt virtuell den Kontakt zu den jungen Leuten suchen und ihnen auf diese Weise Einblicke in den Betrieb eröffnen.

"Die Auswirkungen auf die Arbeitswelt sind weiter deutlich spürbar", so Stracke abschließend. Nun gelte es abzuwarten, wie sich die Pandemie im September entwickle, wenn Bayern wieder aus den Ferien zurückkehrt. Hier müsse weiterhin nach den Prinzipien Vorsicht und Umsicht gehandelt werden. Der Abgeordnete dankte Amtmann und Holas stellvertretend für alle Mitarbeiter der Agentur für Arbeit Kempten für ihren engagierten Einsatz, die hohe Leistungsfähigkeit und die gute Zusammenarbeit über alle Grenzen hinweg.