Agrarpolitisches Gespräch: Herausforderungen können nur im Miteinander bewältigt werden

Allgäu/Berlin - Im Rahmen einer Videokonferenz tauschten sich der Allgäuer Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke (CSU) und sein Fraktionskollege Artur Auernhammer, der zugleich agrarpolitischer Sprecher der CSU im Deutschen Bundestag ist, mit Vertretern des Bayerischen Bauernverbands (BBV) Ostallgäu und Unterallgäu aus. Auf Initiative von Stracke diskutierte die hochkarätige agrarpolitische Runde über derzeit aktuelle landwirtschaftliche Themen, darunter das Insektenschutzgesetz, die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in Deutschland ab 2023 und das neue Investitionsprogramm Landwirtschaft.

"Die Pandemie mit Grenzschließungen im letzten Jahr zeigt eindrücklich, welche große Bedeutung unserer heimischen Landwirtschaft als zuverlässigem und hochwertigem Lebensmittelproduzenten zukommt. Die Herausforderungen, vor denen unsere Bäuerinnen und Bauern stehen, sind unbestritten groß. Insekten- und Artenschutz, Klimaschutzprogramm, Düngemittel- und Tierhaltungsverordnung haben große Auswirkungen auf die täglichen Arbeit. Wichtig ist daher der Dialog zwischen Landwirtschaft, Politik und Gesellschaft", betonte Stracke zum Auftakt. Ebenso wie die beiden BBV-Kreisobmänner Josef Nadler (Ostallgäu) und Martin Schorer (Unterallgäu) freute sich der Abgeordnete, dass es gelungen war, Mitglieder des BBV aus dem Ost- wie auch dem Unterallgäu gemeinsam an den virtuellen Tisch zu holen. "Dies ist heute eine echte Premiere", so Nadler und Schorer. Stracke dankte ausdrücklich Artur Auernhammer, der sich schon zum zweiten Mal in Zeiten der Pandemie zum agrarpolitischen Fachgespräch zur Verfügung gestellt hat.

Am 10. Februar 2021 ist das neue Insektenschutzpaket durch die Bundesregierung beschlossen worden. Das dazugehörige Gesetz geht im April in die erste Lesung im Deutschen Bundestag. Zum Paket gehört auch eine neue Verordnung zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die nur den Bundesrat passieren muss, weshalb der Bundestag einen sehr geringen Einfluss auf die Verordnung hat. Mit Blick auf das Gesetz bat BBV-Mitglied Andreas Schmid darum, dass von politischer Seite noch nachgebessert werde. Insbesondere in den Schutzgebieten, die nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie ausgewiesen wurden, den sogenannten FFH-Gebieten, fürchte man seitens der Landwirtschaft durch das Verbot von Pflanzenschutzmitteln einen Produktivitätsverlust und damit eine Entwertung der Flächen. Die FFH-Gebiete seien vor 20 Jahren ausgewiesen worden mit der klaren Zusage an die Landwirtschaft, dass hier keine weiteren Auflagen mehr dazu kommen. Da müsse die Politik jetzt Wort halten, forderte Schmid.

Auernhammer und Stracke stimmten dem zu. "Erfolgreicher und großflächiger Artenschutz kann nur in Kooperation mit den landwirtschaftlichen Betrieben gelingen", erklärten sie. Bayern habe mit dem nach dem Volksbegehren selbst eingebrachten Weg Lösungen gefunden, wie die Landwirtschaft im Einklang mit dem Naturschutzgedanken wertvolle Beiträge leisten kann, um die Artenvielfalt zu stärken. Es ist gelungen, mehr Insektenschutz maßgeblich über Förderprogramme und freiwillige Ansätze zu erreichen. Dieser Weg, der nicht einseitig auf Forderungen und Verbote setzt, sondern auf Kooperation, habe nun nach zähen Verhandlungen durch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner Eingang ins Protokoll des Kabinettsbeschlusses gefunden und müsse nun noch gesetzlich umgesetzt werden, teilte Auernhammer mit. Demnach soll es keine pauschalen Anwendungsverbote von Pflanzenschutzmitteln in FFH- und Vogelschutzgebieten geben. Für Vogelschutzgebiete werden auf Bundesebene keine Verbote erlassen. In FFH-Gebieten wird das Verbot der Anwendung von Herbiziden und Insektiziden auf Grünland beschränkt, wobei Ausnahmen weiter bestehen bleiben. Kreisobmann Schorer zeigte sich mit diesem Weg sehr zufrieden und dankte ausdrücklich der CSU für ihre Hartnäckigkeit und den nun erzielten Verhandlungserfolg. "Damit können wir Landwirte gut leben", lobte er.

Die Ostallgäuer Kreisbäuerin Karina Fischer fragte nach dem aktuellen Sachstand bei der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Deutschland. Wie Auernhammer berichtete, stehe man derzeit unter zeitlichem Druck, da die Grundlage für die Reform noch vor der Bundestagswahl im September dieses Jahres geschaffen werden müsse. Nur so sei gewährleistet, dass im Herbst die Prämien ausgezahlt werden können. Ziel sei, das Finanzvolumen für die bayerischen Betriebe zu erhalten, betonte er. Die Verhandlungen zur Reform laufen. Nach derzeitigem Stand sollen die Direktzahlungen, die eine unverzichtbare unmittelbare Einkommensunterstützung für die bäuerlichen Betriebe darstellen, ab 2023 um knapp 100 Millionen Euro jährlich gekürzt werden. Allerdings würden dann auch Fördergelder umgeschichtet. Durch die Förderung der ersten 60 Hektar wären bei diesem Ansatz in erster Linie die kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe die Gewinner dieses Umschichtungsmodells. Die Summe der umverteilten Zahlungen könnte sich auf diese Weise um 122 Millionen auf dann 452 Millionen Euro jährlich erhöhen.

Im Zusammenhang mit der GAP brachte Martin Stadler vom BBV Ostallgäu das Thema des in 2021 angelaufenen neuen Investitionsprogramms für die Landwirtschaft zur Sprache. Zur Anpassung der Landwirtschaft an die hohen Anforderungen der Lebensmittelproduktion und die verschärfte Düngeverordnung fördert der Bund in den Jahren 2021 bis 2024 mit Zuschüssen von 40 Prozent Investitionen in moderne Maschinen unter anderem für Düngung und Pflanzenschutz. Die erste Antragsrunde war am 11. Januar gestartet und aufgrund des starken Zugriffs rasch überzeichnet gewesen. Hier würden derzeit nur Anträge für die Anschaffungen von Maschinen und Geräten berücksichtigt, die noch in diesem Jahr verfügbar sind, teilte Auernhammer mit. Die Auszahlung der Fördermittel aus dieser ersten Antragsrunde werde noch 2021 vollzogen. Es werde aber weitere Antragsphasen geben. Insgesamt laufe das Investitionsprogramm bis 2024.

In der rund zweieinhalbstündigen dauernden Videokonferenz diskutierten die Teilnehmer auch über die Umstrukturierung der Nutztierhaltung, die damit verbundenen Kosten und die Auswirkungen auf den Konsumenten, die Düngeverordnung sowie die Schließung der Landwirtschaftsschule in Mindelheim.

Zum Abschluss der Gesprächsrunde dankte Nadler stellvertretend für alle teilnehmenden BBV-Mitglieder den beiden Abgeordneten für ihre Zeit und ihr Engagement für die Landwirtschaft. Es sei gut zu wissen, dass die Landwirte in Auernhammer und Stracke kundige und engagierte Volksvertreter an ihrer Seite wüssten, betonte er. "Wir werden die künftigen Herausforderungen nur im Miteinander von Politik und Landwirtschaft schaffen", verdeutlichte er und erntete damit die Zustimmung aller Gesprächsteilnehmer. "Gerade jetzt in Zeiten des Umbruchs ist es wichtig, dass sich die Landwirtschaft mit der starken Stimme des Bauernverbands äußert. Gesellschaft und Landwirtschaft müssen sich gegenseitig wieder mehr zu schätzen wissen", so die beiden Politiker abschließend.